Tooltip: Ten Types of Innovation
Die Menschen mögen Tools. Ich bin oft vorsichtig, weil ein Tool ohne Kontext nicht hilft und oft mehr Schaden anrichtet. Egal: ich liebe ‚10 Types of Innovation’ (TTOI)!
TTOI wurde von der bekannten Innovationsberatung Doblin erarbeitet und konzipiert. TTOI teilt Innovationen in 3 Bereiche und 10 Typen ein:
- Anordnung (Configuration) mit den Innovationstypen
- Geschäftsmodell – wie verdienen wir Geld?
- Netzwerk – Wie verbinden wir uns mit welchen Partnern um Wert zu erzeugen?
- Struktur – Wie sind wir organisiert, welche Talente binden und entwickeln wir?
- Prozess – Wie können wir die Konkurrenz stehen lassen, indem wir operativ besser sind?
- Angebot (Offering) mit
- Produktangebot – Welche Funktionen und Werte bietet unser Produkt?
- Produktumgebung – Wie können wir das Produkt mit komplementären Produkten ergänzen und unterstützen?
- Erfahrung mit
- Service – Wie können wir über Service im Zusammenhang mit unserem Produkt Wert erzeugen?
- Kanal – Über welche Kanäle können wir unser Angebot zum Kunden bringen?
- Marke – Wie positionieren wir die Marke und transportieren über sie unsere Werte?
- Kundeneinbindung – Wie können wir den Kunden in unser Netzwerk einbinden und somit besser bedienen?
Die folgende Abbildung zeigt das Modell im Überblick:
Vijay Kumar definiert Innovation als „lebensfähiges Angebot, das in einem spezifischen Kontext zu einer gegebenen Zeit neu ist und sowohl für Abnehmer als auch Anbieter Wert generiert“. Leider erreichen lediglich 4% aller Erfindungen diese Qualität. Das hat genau damit zu tun, dass eine Erfindung meist erst einmal eine der TTOI bedient. Erfolgreiche Innovationen bedienen meist einige, z.Bsp. mindestens vier der TTOI.
Mit diesem Modell im Hinterkopf kann man nun jede Idee daraufhin untersuchen, welche dieser Innovationstypen sie bedient. Der legendäre Spark of Insight ergibt bei nüchterner, distanzierter Betrachtung etwa das folgendes traurige Bild:
TTOI hilft uns beim strukturierten Reframing
Wir haben bisher also eine echt tolle Produktidee, sonst aber nicht viel. Das ist schon mal ein Anfang! Jetzt fängt die Arbeit an. Wir betrachten unsere Idee von vielen Seiten und versuchen, ob wir ein Geschäftsmodell (wir erinnern uns: Wie verdienen wir damit Geld?) für unser Produkt finden, das sich signifikant von anderen unterscheidet oder zumindest kongenial passt. Fallen uns komplementäre Produkte ein, die unser eigentliches Produkt ideal unterstützen und aus dem Ganzen eine Plattform machen? Wie können wir das Ganze mit einem passenden Service versehen, der allmählich eine Erfahrung aus unserem Angebot macht? Haben wir die Möglichkeit unseren Produktionsprozess so gut zu gestalten, dass wir hier einen besonderen Vorteil erlangen? Finden wir die besten Talente auf dem Markt? Nach einiger Arbeit könnte das Ergebnis etwa so wie in der nächsten Abbildung aussehen. Schon besser. Wenn sich so etwas nicht ergibt, ist es vielleicht Zeit, die Idee zu vergessen oder Gras drüber wachsen zu lassen und sie später noch mal hervorzukramen. Vielleicht sind jetzt Zeit, Kontext und Optionen nicht gegeben, um hier zum Erfolg zu kommen.
Man sieht schon – die Arbeit besteht darin, aus einer einfachen Produktidee eine ganzheitlich gute Erfahrung zu bauen. Das Modell muss keinesfalls über alle Bereiche ausgeglichen gut sein. In allen Bereichen etwas zu bieten zu haben, ist gut und erstrebenswert, aber nicht notwendig. Hier gibt es keine Regel. Wie so oft muss das Gesamtpaket stimmen und die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs steigt mit der Anzahl abgedeckter Innovationstypen. TTOI hilft uns einfach bei der Arbeit, strukturiert nachzudenken, das Problem aus immer neuen Blickwinkeln zu betrachten, zu reframen. Reframing ist dann auch er Schlüssel zu erfolgreicher Innovation – ein Problem in vielen Dimensionen, aus vielen Blickwinkeln lösen und so eine brillante Gesamterfahrung zu erzeugen.
Man merkt es natürlich auch schon bei der Beschreibung: Bei allem Tool-Support ist die Kunst natürlich wieder, dabei so schlank zu bleiben, dass man sich auch mal traut und einfach auf den Markt geht, statt in Entscheidungsparalyse und Angst zu vergehen. Und gleichzeitig muss man die Balance haben, genug Tiefe in die Exploration zu bringen.
Am besten fängt man mit all dem früh in der Exploration an, ansonsten stehen einem die bereits investierte Energie und die daraus erzeugten Prägungen bei der nüchternen Betrachtung der Lösung im Weg und wir halten zu sehr an dem Erarbeiteten Ergebnis fest. Und: TTOI kann man natürlich nicht nur bei neuen Produkten anwenden, sondern auch bei wesentlichen, neuen Features. Dann eben noch schlanker.
Übrigens macht es Alexander Osterwalder mit seiner Idee der Business Model Innovation gar nicht viel anderes, auch wenn der Titel erst einmal ganz anders klingt.
„Business Model Innovation is about new ways of creating, delivering an capturing value“ – Alexander Osterwalder
Zum Abschluss noch einmal Beispiele von TTOI-Diagrammen für zwei erfolgreiche Produkte.
Erfolgreiche Innovationen bedienen sehr viele der TTOI
Tesla etwa
- bietet mit dem Model S ein revolutionäres Produkt (Produktangebot und Produktumgebung) mit seinen Autos an.
- Darüber hinaus ist aber dieses Produkt in eine exzellente Serviceerfahrung (Service)
- mit nahem Kundenkontakt (Customer Engagement) eingebettet,
- die über hervorragende, eigene Autohäuser und Onlinekanäle (Channels) unterstützt werden.
- Das Super Charger Netzwerk, also die kostenlosen Schnellladestationen, die aufgebaut werden, bieten ein neues Geschäftsmodell,
- Aber auch ein komplementäres Produkt (Produktumgebung), aber auch eine tolle Serviceerfahrung (Service).
- Die außergewöhnliche Qualität der Teile und der Fertigung unterstützt das Produkt weiterhin (Prozess).
- Dazu gehört aber auch die tiefe Integration mit den Lieferpartnern (Network).
- Als Nebeneffekt wird ein Parallelgeschäftsmodell aufgebaut, in dem die hervorragenden Teile, die Tesla im Bereich von Elektroautos entwickelt, auch von anderen Herstellern verwendet und bezogen werden. (Geschäftsmodell)
Man sieht also nach kurzer Analyse, dass Tesla nicht einfach ein tolles Elektroauto baut, sondern sich mehr Gedanken gemacht hat.
Noch ein anderes Beispiel:
- Der Erfolg des iPhone beruht natürlich nicht einfach darauf, dass es ein tolles Smartphone ist (Produktangebot),
- sondern auch in der kompletten Plattform aus iTunes und der Vernetzung in Mac OS (Produktumgebung).
- Zusätzlich sind die neuen Modelle wie iTunes, iBooks (Geschäftsmodell)
- sowie die Partnernetzwerke, die darüber erreicht werden (Netzwerk)und der damit integrierte Content ein weiterer Bestandteil des Erfolgs.
- Die starke Markenbotschaft (Marke)
- sowie die ausgebauten Kanale Retail (Apple Store) und Online tun ihr übriges. (Kanal).
So kann man jetzt unzählige erfolgreiche Beispiele durchdeklinieren.
Ach ja, das ist hier natürlich in aller Kürze. Darüber könnte man Bücher schreiben. Was heißt könnte? Doblin selbst hat eins darüber geschrieben und in Vijay Kumar’s Buch kommt TTOI auch als eine der 101 Design Methods vor. Man kann natürlich auch mit uns darüber sprechen J
[…] eine lange Zeit mit dem Produkt nur eine von mehreren Dimensionen berücksichtigt wird (siehe auch Tooltip: Ten Types of Innovation? Das geht nur in Bereichen, in denen der Produktnutzen so offensichtlich ist, dass die reine […]
[…] ist nicht gleich Innovation. Das Ten Types of Innovation Modell hilft, die eigenen Ideen kritisch zu hinterfragen und auf ein neues Niveau zu […]