Methoden werden uns nicht retten

Sharing: facebook, twitter

china2

Talks and case studies erzählen uns, Methoden seien die Rettung

Ich bin kein Nihilist. Ich habe nichts gegen Methoden. Im Gegenteil. Vor ein paar Tagen habe ich folgende Beobachtung retweeted:

Ich beobachte es immer wieder: Erfolgsgeschichten werden erzählt und der Weg zum Erfolg war linear. Von null auf hundert durch Anwendung von Methode X. Firmen stürmen von Stillstand zu unglaublichen Werten bzgl. Erfolg, Geschwindigkeit, Qualität, und Kundenzufriedenheit. Jeder erdenkliche und wichtige Vektor geht hoch. Der Grund ist klar: Methode X!

Das selbe gilt für Case Studies und meist ist es dort noch einfacher und kondensierter. Ursache des Erfolges von Firma Z ist Methode X. Manchmal haben sogar nur Teile der Organisation Methode X angewandt und siehe da – noch immer gehen alle Vektoren der Firma nach oben.

Ich weiss, dass es nicht stimmen kann. Und Du weisst es auch. Wo immer Methode X eingeführt wird, ächzt es im Gebälk. Wir alle kennen die Wahrheit und das Rumoren am Kaffeekocher:

  • Das Management macht nicht mit
  • Wir verstehen es, aber die anderen …
  • Das Mittlere Management blockiert alles (sagen beide Seiten: die oben und die unten)
  • Abteilung XYZ versteht es echt nicht!
  • Eigentlich machen wir alles, aber Aspekt Z geht hier echt nicht.
  • Keine Ahnung warum wir das machen
  • Wir machen es, ehrlich gesagt, halbherzig
  • Methoden-X-Theater

Obwohl wir wissen,

  • das Methoden alleine niemals Erfolg bringen,
  • kleine Teile und Teams in der Organisation nicht diesen Effekt haben konnten,
  • das Case Studies und Talks die Wahrheit verdrehen und vereinfachen,
  • das Methodiker die Aufgabe haben, Ihre Methode zu verkaufen und als überall einfach anwendbar darzustellen,

ist es doch schön, die darin verborgene Motivation mitzunehmen.

Abb 1: Wie Case Studies die Welt sehen

So einfach könnte es sein. Und so gefährlich.

Wie sich Erfolg und Fortschritt wirklich entwickeln

Der Ursprung: Extrem motivierte (getriebene?) Menschen wachen jeden Morgen auf und wissen genau, welche 500 Defizite sie noch haben um ihrem Ziel näher zu kommen. Was sie noch nicht können. Und sie haben Albträume über die Millionen Dinge, von denen sie noch gar nicht wissen, dass sie sie nicht können. Konstantes Memento Mori ist ihr Antrieb.

So funktionieren großartige Organisationen. Mehr noch:

Tatsächlich ist da, wo ich Exzellenz beobachte, einer der Hauptgründe des Erfolgs, dass dort Teams oder Teams von Teams sind, die kooperieren und sich täglich hinterfragen und lernen und lernen. Das in Verbindung mit der Eigenschaft, immer hungrig zu bleiben und niemals “fertig” zu sein (in feiner Balance damit, nicht pathologisch getrieben zu sein). Dort gibt es: Einen klaren Zweck, ein klares Verständnis des Kunden, der eigenen Fähigkeiten, das Wissen wie man den Kunden zu behandeln und mit ihm zu kommunizieren hat und vieles mehr, das alles zusammen Teams erfolgreich macht.

Schlaue Leute suchen also den Fortschritt und müssen daher mit anderen Menschen kooperieren. Zu einem gewissen Zeitpunkt entwickeln sie dazu Muster und ein Vokabular. Methoden. Dadurch können immer mehr Menschen ähnlich mit ähnlichem Ziel miteinander arbeiten Das ist die Reihenfolge: Ziel, Ehrgeiz, Wille zu Kooperation, Methode. Das passiert z. Bsp. bei Spotify und Toyota. Die Methode dient jetzt als Gerüst zu Kommunikation und Kollaboration im gemeinsamen Fortschritt.

Dort werden die Methoden sorgfältig und in sensiblem Einklang mit Zweck, Strategie, Vision usw. entwickelt und gepflegt.

Abb. 2: Wie Erfolg wirklich entsteht

Überraschung! Das Bild sieht viel komplexer aus, verwobener und damit auch härter zu kopieren. Daher hat Toyota auch immer die Konkurrenz eingeladen um das Toyota Production System zu beobachten: Weil es nicht hilft, die Praktiken zu kopieren.

Auch Jeff Bezos’ letzter Brief an die Shareholder zeigt die Komplexität und Überzeugung: Lies „On why it’s always day 1“ um einen Eindruck zu bekommen. Nichts in dem Brief kann man “einfach kopieren”.

Standardisierung und Marketing

Was später passiert, wenn Vokabular und Methode existieren, ist folgendes: Andere schlaue Leute, in anderem Kontext, lesen interessante Dinge darüber wie Methode X geholfen hat und wie eine andere Firma damit erfolgreich wurde  (siehe Abb. 1). Mit dieser Erkenntnis bewaffnet beginnt der Glaube zu entstehen, dass es tatsächlich der Einsatz von Methode X war, der den Erfolg begründet hat. Über das drumherum hört man ja nichts. Und die Idee ist wirklich verlockend. Eine Todo-Liste, die zum Erfolg führt. Jetzt entsteht der Gedanke, dass es Erfolg bedeutet, excellent in der Durchführung von Methode X zu werden. Da steckt ja alles drin. Jetzt wird Exzellenz in Methode X das Ziel und ersetzt den ursprünglich gesuchten Erfolg. Ausgetauscht. Erfolg ist jetzt ein erhoffter Nebeneffekt, denn den verspricht Methode X ja. Leider bleibt jetzt nur eine Firma übrig die sich um sich selbst kümmert. Das resultierende und jetzt verfolgte Bild ist noch einfacher und verwässerter als Abb. 1 :

Abb. 3: Wie Methode X in der dritten Welle angewandt wird

Holla. Jetzt fehlt aber eine Menge! Wo früher der Erfolg stand ist jetzt die Methode X das Ziel. Aber alles was vorher die Energie gebracht hat fehlt jetzt:

  • Der Wille zu lernen
  • Die Sehnsucht sich zu verbessern
  • Der Drang nach Erfolg
  • Ständiges selbst hinterfragen
  • Die Vison
  • Der Zweck.

Und so enden wir in Absichtslosigkeit und damit im Zufall.

Ein wirklich kleines, triviales Beispiel im kleinsten Rahmen:  In einem meiner Projekte mit dem einmal eine agile Transition begonnen hat, waren wir prächtig mit Zweck und Absicht ausgestattet. Wir wussten genau was wir wollten und das wir es auf unsere bisherige Weise nicht hinbekommen würden. Wir wussten, wir müssen Agil arbeiten. Leider hatten wir auch davon eine klare Vorstellung. Und so begab es sich, dass wir einen PO bekamen, der mit einem Post-It “Projektplan” zu uns ins Team kam. Wir wussten, das Projektpläne schlimm sind und haben ihm erklärt, dass er einen Post-It Projektplan nach user Vorgaben in ein Backlog und ein Scrum-Board umbauen muss. Wir Dummerchen. Dabei wollte er doch schon das Richtige. Hier stand Methode vor Empathie, Kollaboration und allem was sonst noch wichtig ist. Gottseidank war der PO unglaublich geduldig und tolerant und hat uns ausgehalten. Wir haben dann trotzdem geliefert!  Aber tatsächlich hätten wir fast alles kaputt gemacht, weil wir in unserem Enthusiasmus die Methode in den Vordergrund geschoben haben und nicht das Ergebnis.

Um es klar zu machen: Ich liebe Methoden und wir brauchen sie. Wir müssen aber dafür Sorge tragen, dass sie nicht die führende Grüße werden. Die führende Größe muss immer das bleiben was wir beabsichtigen. Zweck, Vision, Absicht, Empathie. Das Schwere an dem Thema ist, dass wir es hier mit blinden Flecken zu tun haben: wir meinen es ja gut!

Wir sollten uns daran erinnern, dass Methoden nur Mittel zum Zweck sind und weder Weg noch Ziel und wir sollten diese dinge nicht verwechseln und austauschen. Methoden sind einfach nur das Gerüst an dem wir uns auf der wilden faszinierenden Reise festhalten können. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum sich nur wenige Manager für Methoden interessieren: Für sie sind es nur Tools in den Händen anderer.

In meinem Blog Post “Elements on of intentful companies“, versuche ich mehr über die Aspekte, die ein erfolgreiches Unternehmen benötigt zu schreiben und ich versuche dabei Methoden zu ignorieren. Vielleicht springst du direkt dahin und liest weiter?



Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>